Kreuzbandriss beim Hund: Symptome, Behandlung, Diagnose

Der Kreuzbandriss ist eine bekannte und gefürchtete Diagnose beim Hund.  Besonders beim sportlich geführten oder im Alltag sehr aktiven Hund kann die Diagnose Kreuzbandriss ein schnelles Ende der sportlichen Karriere und Bewegungsfreude mit sich ziehen.

Betreffen kann es Hunde jeden Alters, meist sind jedoch ältere Hunde betroffen. Allerdings trifft es nicht selten auch jüngere Hunde,  besonders wenn sie sehr aktiv sind.

Rassentechnisch gibt es gewisse Häufungen, wobei aber Hunde jeder Rasse und auch Mischlinge davon betroffen sein können.

Was passiert aber genau beim Kreuzbandriss, wie sind die Symptome und wie wird diese Verletzung behandelt? Um diese Fragen zu beantworten, wollen wir uns noch einmal genau mit der Anatomie des Knies auseinandersetzen.

 

Die Anatomie des Hundekniegelenks

 

Das Kniegelenk des Hundes ist ein äußerst komplexes Gelenk, das aus mehreren verschiedenen Strukturen besteht, die alle zusammen für die Stabilität des Kniegelenks sorgen.

Ist ein Bestandteil in seiner Funktion eingeschränkt, kommt es zu einer Instabilität, die kaum mehr ausgeglichen werden kann – es kommt zu Verschleißerscheinungen im Gelenk selber und in den umliegenden Strukturen des Bewegungsapparates, die sich dann auf den Rest des Körpers auswirken können.

Mehrere Knochen sind an der Bildung des Kniegelenks beteiligt, wovon der Oberschenkel (Femur) und der Unterschenkel mit seinen zwei Anteilen – Schienbein und Wadenbein (Tibia und Fibula) – den Hauptteil des Gelenks ausmachen. Der Oberschenkel bildet den oberen Teil des Kniegelenks, der Unterschenkel den unteren Teil.

Die Hauptlast tragen Oberschenkel und Schienbein, das Wadenbein ist sehr dünn und trägt kaum zur Lastverteilung bei.

Um das Knie herum befinden sich auch mehrere Sesambeine. Das größte, die Kniescheibe, liegt in der Sehne des Kniestreckers (M.quadriceps femoris). Die Kniescheibe bildet mit dem Oberschenkel ein eigenes Gelenk, das Kniescheibengelenk.

Andere Sesambeine liegen an der Hinterseite des Knies, in der Sehne des Wadenmuskels (M.gastrocnemius). Dieser Muskel hat zwei Sehnen und damit auch zwei Sesambeine. Ein weiteres liegt in der Sehne des Kniekehlenmuskels (M.popliteus).

 

Das Kniegelenk ist, wenn nur die Knochen betrachtet werden, ein sehr instabiles Gelenk. Es ist ein inkongruentes Gelenk, das heißt die Gelenksanteile passen nicht aufeinander. Damit Oberschenkel und Unterschenkel aufeinander passen, liegen die zwei Menisken zwischen den Knochenstrukturen.

Sie sind druckelastische Polster, die einerseits die Inkongruenz der Gelenksanteile ausgleichen und so für Stabilität sorgen, andererseits aber auch eine stoßdämpfende Wirkung haben. Beide Menisken sind am Unterschenkel mit Bändern verankert, wobei der äußere Meniskus etwas lockerer sitzt als der innere.

Insgesamt sorgen auch Bänder innerhalb und außerhalb des Kniegelenks für Stabilität. Pro Knie gibt es mehr als zehn Bänder. Zusätzlich zu den Seitenbändern, den Kniescheibenbändern und Bändern, die aus Muskelsehnen gebildet werden, liegen im Inneren des Knies die Kreuzbänder.

Es gibt insgesamt in jedem Knie zwei Kreuzbänder, ein vorderes und ein hinteres. Das hintere Kreuzband beschränkt die Bewegung des Unterschenkels nach hinten und das vordere Kreuzband beschränkt die Bewegung des Unterschenkels nach vorne hin und verhindert die Überstreckung des Kniegelenks.  

Die Kreuzbänder verbinden also den Oberschenkel mit dem Unterschenkel und überkreuzen sich, wenn man von der Seite aufs Knie blickt – daher der Name.

 

So entsteht ein Kreuzbandriss beim Hund

 

Im Gegensatz zum Menschen, bei dem der Kreuzbandriss hauptsächlich als akute Sportverletzung eingestuft werden kann, reißt das vordere Kreuzband des Hundes fast immer aufgrund chronischer Überbelastung bzw. chronischer degenerativer Veränderungen und nur selten traumatisch im Sport. Auch das hintere Kreuzband kann reißen, meist betrifft das Problem aber nur das vordere.

 

Meist ist eine Fehlstellung – oder Fehlbelastung – die Ursache für diese Überbeanspruchung oder Veränderung. Es gibt viele Gründe für die Überbeanspruchung des Kreuzbandes:

• Fehlstellung des Unterschenkels, wie es bei einer Patellaluxation der Fall sein kann

• sehr steile Winkelung von Ober- und Unterschenkel

• Übergewicht (!!)

• Probleme in anderen Gelenke (z. B. Hüftgelenk), die eine Überlastung verursachen

 

Bei einer chronischen Überbelastung reißt das Kreuzband meist auch in der Bewegung, zum Beispiel wenn der Hund geradeaus läuft, Ball spielt, ins Auto springt oder bergauf läuft. Die Ursache für den Kreuzbandriss ist allerdings nicht die Bewegung selbst.

Durch die Fehlbelastung sind bereits über einen längeren Zeitraum kleinere Risse entstanden. Oft lahmen die Hunde kurzzeitig und die Lahmheit bessert sich wieder. Das Kreuzband wird immer weiter beansprucht und wird sozusagen immer “dünner”. Irgendwann kann es der Belastung nicht mehr standhalten und reißt.

Dies zeigt der Hund dann meist durch eine deutliche Lahmheit, die Pfote wird kaum belastet und das Knie in Beugung gehalten. Beim Sitzen streckt der Hund die Pfote zur Seite hin, er sitzt “schlampig”.

Wenn das vordere Kreuzband reißt, ist Arthrose vorprogrammiert. Das Knie wird instabiler und bei jedem Schritt rutscht der Unterschenkel im Vergleich zum Oberschenkel nach vorne, auch der Meniskus kann geschädigt sein.

Meist reißt einige Monate bis Jahre später auch das Kreuzband der anderen Seite. Um sowohl Arthrosen als auch Schädigungen des zweiten Beines zu vermeiden, sollte also möglichst schnell gehandelt werden.

 

Kreuzbandriss beim Hund: Symptome

 

Hier muss zwischen den selteneren akuten Rissen und den häufigeren chronischen Fällen unterschieden werden.

Bei einem chronischen Geschehen dauert die Lahmheit meist länger an, oft kommt und geht sie und die Hunde stehen schwer auf.

In der Bewegung fällt eine leichte Entlastung und ein Muskelschwund an der betroffenen Seite auf. Die Hunde sitzen schlampig oder vermeiden das Sitzen, wenn es geht.

Auch bei einem chronischen Geschehen kann die Lahmheit plötzlich auftreten oder sich plötzlich verstärken, wenn das Kreuzband nach kleineren Einrissen dann komplett reißt. Ist das Kreuzband nur eingerissen, ist die Lahmheit oft nicht so massiv und verschwindet meist auch wieder, bis das Kreuzband schließlich ganz reißt.

Bei einem akuten Kreuzbandriss muss ein entsprechender Vorbericht in der Bewegung vorhanden sein. Da das Kreuzband die Überstreckung des Kniegelenks verhindert, ist bei einem akuten Kreuzbandriss meist genau diese zusätzlich zu einer Drehung der Hinterhand enthalten.  

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Kreuzbandriss beim Hund richtig behandeln

 

Ist das Kreuzband gerissen, ist der erste Schritt die sichere Diagnose. Es gibt einerseits orthopädische Untersuchungsmethoden wie den Schubladentest oder den Tibiakompressionstest, die den Verdacht erhärten. Beide Tests überprüfen die Stabilität des Knies.

Beim Schubladentest versucht der Untersucher, den Unterschenkel im Vergleich zum Oberschenkel nach vorne gleiten zu lassen. Ein gesundes Kreuzband sollte die Bewegung stoppen. Ist das Kreuzband gerissen, wird die Bewegung nicht gestoppt.

Allerdings ist die Methode nicht zu 100 % sicher, denn spannt der Hund die Muskulatur sehr stark an, zum Beispiel weil er aufgeregt ist oder Schmerzen hat, kann dadurch die Bewegung ebenfalls eingeschränkt sein.

Auch mittels Röntgen kann ein Verdacht erhärtet werden. Auf dem Röntgenbild kann zwar das Kreuzband nicht direkt dargestellt werden, es kann aber die Lage von Unterschenkel zu Oberschenkel zueinander beurteilt und somit ein Verdacht erhärtet werden. Auf dem Röntgenbild sind auch Arthrosen, Füllungen der Gelenkkapsel und Muskelschwund darstellbar.

Eine effektive und sichere Methode, um einen Kreuzbandriss beim Hund festzustellen, ist die Arthroskopie, das heißt, hier wird mit einer Kamera direkt ins Gelenk “geleuchtet” und das Kreuzband beurteilt. Auch eine Magnetresonanztomographie (MRT) kann das Kreuzband direkt darstellen. Der Vorteil beider Methoden ist, dass die Diagnose sehr sicher ist, der Nachteil ist, dass hierfür eine Narkose nötig ist.

 

Diagnose Kreuzbandriss beim Hund – Operation, ja oder nein?

 

Ist die Diagnose gesichert und bestätigt, gibt es mehrere Möglichkeiten, wie man nun weiter vorgehen kann.

 

Manche Besitzer entscheiden sich für eine konservative Therapie, also eine Therapie ohne Operation. Das ist allerdings, wenn überhaupt, nur bei sehr kleinen Hunden unter 10 kg ratsam. Schwerere Hunde sind bei konservativer Therapie meist nicht mehr so leistungsfähig im Alltag und im Sport und es entwickeln sich Arthrosen.

Vor allem bei jungen Hunden sollte deshalb eine Operation in Erwägung gezogen werden, um Spätfolgen möglichst einzudämmen. Ist eine Narkose auch bei einem größeren Hund nicht mehr möglich, kann zusätzlich zu intensiver Physiotherapie eine Schiene verwendet werden, die das Knie von außen etwas stabilisiert.

 

Entscheidet man sich für eine Operation, gibt es mehrere Operationsarten – bei Hunden haben sich zwei durchgesetzt:

• extrakapsuläre Techniken

• Knochenkorrekturen

 

Bei extrakapsulären Techniken wird das Kreuzband sozusagen ersetzt, allerdings nicht innerhalb, sondern außerhalb des Knies. Ein Band wird um das hintere Sesambein und durch einen Tunnel im Schienbein geführt. Dies stabilisiert das Knie sofort.

Bei einer Operation geht es darum, möglichst die Vorwärtsbewegung des Schienbeins zu verhindern. Bei größeren Hunden ist diese Methode aber eher unsicher, da sich das Band durch die größere Kraft, die auf das Band wirkt, lockern oder sogar reißen kann. Wenn dies kurz nach der OP passiert, zeigt der Hund wieder dieselben Symptome wie zuvor.

Oft lockert sich das Band erst einige Zeit später. In dieser Phase haben dann die umliegenden Muskeln und die Bildung von Bindegewebe für etwas mehr Stabilität im Knie gesorgt und der Hund läuft meist trotzdem symptomfrei weiter.

Entscheidet man sich für eine Knochenkorrektur (TPLO, TTA), versucht der Chirurg, durch Veränderung der Biomechanik des Knies eine Verbesserung des Gangbildes zu erzielen.

Hier wird die Statik über das Schienbein selbst verändert, das heißt, vereinfacht gesagt wird der Knochen zersägt und die Teile wieder neu zusammengesetzt, sodass der Unterschenkel in der Bewegung nicht mehr nach vorne rutschen kann.

Der Unterschenkel wird anschließend mithilfe einer Platte in der neuen Form fixiert, sodass der Knochen korrekt zusammenwachsen kann.

Komplikationen können vor allem bei Infektionen oder Lockerung der Platten entstehen.

 

Behandlungsmethoden für den Kreuzbandriss beim Hund zusammengefasst:

 

  • Konservative Methode:
    • Vorteil: keine Narkose, keine Operation, keine Wunde
    • Nachteil: meist schnelle Entstehung von Arthrosen, der Hund entlastet die betroffene Seite sehr lange und somit wird die andere Seite länger überbelastet; nur bei kleineren, älteren Hunden sinnvoll, da die volle Leistungsfähigkeit nicht mehr erreicht wird

 

  • Operation – extrakapsuläre Methode:
    • Vorteil: sofortige Stabilisierung des Kniegelenks, schnellere Belastung möglich, Eingriff nicht so massiv
    • Nachteil: besonders bei großen oder schweren Hunden Komplikationen (Ausriss, Lockerung) möglich

 

  • Operation – Knochenkorrektur (TTA, TPLO)
    • Vorteil: Auch bei größeren und schwereren Hunden gute Ergebnisse
    • Nachteil: schwererer Eingriff, Infektionen und Ausriss oder Lockerung der Platte möglich (selten)

 

Kreuzbandriss beim Hund behandeln: Die Rolle der Physiotherapie

 

Egal für welche Methode man sich entscheidet – Physiotherapie ist ein wichtiger Bestandteil des Heilungsverlaufes. Da bei keiner Methode das Knie wieder so stabil wird, wie es vorher war, muss die Muskulatur trainiert werden, um das Knies zusätzlich zu stabilisieren.

Muskeln am  Oberschenkel (M.semimembranosus, M.semitendinosus und M.biceps femoris) wirken als Unterstützer zum vorderen Kreuzband und sollten deshalb besonders gut trainiert werden, um die fehlende Funktion des Kreuzbandes auszugleichen.

Je nach verwendeter Methode sollte vorsichtig mit der Physiotherapie begonnen werden. Besonders Rotationen und starke Beugung oder Streckung des Knies müssen zu Beginn unbedingt vermieden werden.

Nach und nach kann mit Muskelarbeit gestartet werden, passive Bewegung des Kniegelenks, Massage der umliegenden Strukturen und des Rückens und das Lösen von verklebten Faszien sind wichtige Begleiter, um die Mobilität schnell wiederherzustellen.

Unterwassertherapie mittels Laufband baut später Muskulatur auf und zusätzlich werden gezielt einzelne Muskelgruppen durch spezielle Übungen aufgebaut, um das Knie besser zu stabilisieren.

 

Photo by Meg Sanchez on Unsplash

Karin Schreiner

Die Anatomie des Hundes hat mich schon in meinem Studium zur Tierärztin am meisten fasziniert. Kein Wunder, dass ich nun vorrangig als Hundefitnesstrainerin und Hundephysiotherapeutin meinen vierbeinigen Kunden zu einem fitteren Hundeleben verhelfe! Wie auch du HundefitnesstrainerIn wirst, lerne ich dir in meiner Online-Ausbildung (klicken für mehr Infos).

 

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